Heft § 220 Die Republik Frankreich. 206
d) Die Garonne-Bucht ist am günstigsten im Garonne-Tal, das auf fruchtbaren (dilu-
vialen und alluvialen) Flnßablageruugen Weizen und Wein in Fülle erzeugt, Weiu besonders
am liukeu Ufer der Gironde (auf der Halbinsel Medoc). Hochfluteu des stürmischen Flusses setzen
aber häufig Teile des Tales unter Wasser. — Fruchtbar und weinreich ist auch das (alt-tertiäre)
Gebiet rechts von der Garonne. — Die Landes werden gleich den deutschen Heiden immer
mehr aufgeforstet; die Dünen sind bereits vollständig durch einen Strandkiefernwald befestigt.
e) Das meist sandige und dabei sommerdürre Rhonetal, das obendrein noch im Regen-
schatten der Sevennen liegt, eignet sich weniger für den Getreidebau, ist aber durch seine Ol-
bäume (Provenceöl), seinen Weinbau und seine Maulbeerbäume (Seidenraupenzucht)
wirtschaftlich von höchster Bedeutung. — Die Französischen Alpen sind wirtschaftlich sehr un-
günstig. Das Kalkgebirge entbehrt hier fast ganz der Wälder und Matten und nimmt
oft den Charakter kahler Wüstenberge an. Die stürmischen Flüsse (Dnrance usw.) haben große
Geröllfelder geschaffen, und uur auf berieselten Kulturoasen drängt sich die Fülle vor-
tropischer Gewächse. —.Das gut angebaute Taönetal gehört im Gegensatz zum Rhonetal noch
ganz dem mitteleuropäischen Klima- und Pflanzencharakter an. Unter den Kulturen ist
der Weinbau des Westrandes (auf deu Jurakalken des Cote d'or) und des westlichen (meist
tertiären) Teiles der Ebene von Bedeutung (Burguuderweiue). — Die Anbauverhältnisse des
Juragebirges siud natürlich ungünstig. Das Klima ist rauh, und den dürren Kalkboden decken
meist nur magere Weideu. (In den Tälern ist infolge der Wassertriebkräfte eine lebhafte Klein-
indnstrie entstanden [Taschenuhren!]).
f) Das (geologisch unselbständige) Tal der Loire ist fast in seinem ganzen Verlauf fruchtbar
und gut angebaut, ganz besonders da, wo es der Pariser Schüssel angehört (Orleanais) und
im Unterlauf, wo sie den „Garten Frankreichs" durchfließt (Mittelpunkt Angers — fpr.
cm9sche — an der Sarthe).
8. Geschichte und Volkstum.
229 1. Zur Geschichte, a) Tie Entwicklung der nationalen Einheit. Beim Tode des letzten
Karolingers, Ludwigs des Faulen, 987, bestand Frankreich aus einer großen Zahl fast selb-
ständiger Herrschaften^). Aus diesen ein einheitliches Reich geschaffen zu haben durch
Niederzwiugung der Vasallen und Beseitiguug der Fremdherrschaft der Engländer ist das Ver-
dienst der von Paris ausgehenden Kapetiuger, die ununterbrochen von 987 bis zur Ent-
hanptnng Ludwigs Xvi., 1792, regierten2). Besonders erschwert wurden die Einheits-
bestrebnngen durch die Verbindung mit England. Durch Erbschaften waren England
und der größte Teil Frankreichs 1154 unter eine Krone gekommen3), ein Zustand, der 300 Jahre
andauerte. Die Befreiung von England (1450) gelang erst durch jenen Krieg, dessen letzter
Teil durch das Eingreifen der Jungfrau vou Orleans bekannt geworden ist. In den folgen-
den 40 Jahren wurde auch die Uuterwerfuug der Herzöge und Großen des Reichs voll-
endet, so daß um 1500 die große Aufgabe, „aus Hunderten großer und kleiner Lehnsgebiete
allmählich ein Frankreich zu sammeln" erfüllt ist4).
b) Die erste Eroberuugsperiode; Höhepunkt unter Ludwig Xiv. Kaum war Frank-
reich selbständig und einig geworden, als es auch schou eroberud gegen andere Völker vorging,
zunächst gegen das damals gleichsam herrenlose Italien, das die Zeit seit dem Zusammen-
bruch der Hohenstaufen nicht für seine Einigung ausgenutzt hatte. Mit den vergeblichen Kämpfen
Franz I. von Frankreich gegen Karl V. um dieses vielbegehrte Laud beginnt ein 250jähriges
1) In Deutschland war um diese Zeit die Macht der Herzöge durch die Ottonen nieder-
gezwungen.
2) Erst in direkter Linie, dann in den Seitenlinien Valois und Bourbon.
3) Uuter Heinrich Plantagenet, einem Urenkel des Normannenherzogs Wilhelm
des Eroberers, der 1066 von der Normandie aus England erobert hatte.
4) In Frankreich wird also das Ziel der nationalen Einigung rund 400 Jahre früher er-
reicht als in Deutschland, nicht zum wenigsten eine Folge der größeren geographischen Ein-
heitlichkeit.
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Ludwigs Ludwig_Xiv Ludwig Franz_I._von_Frankreich Franz_I. Karl_V. Karl_V. Heinrich_Plantagenet Heinrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Garonne-Tal Rhonetal Angers Frankreich Paris Ludwigs_Xvi England England Frankreichs England Frankreich Italien Deutschland England Frankreich Deutschland
100
Europa.
Vii. Die Niederlande,
an der Nordsee, von Rhein Maas u. Schelde durchströmt. Nur
der Südosten ist vom Ardennerwald überlagert, alles sonst ist
flaches Tiefland, an der Küste buchten- und hafenreich. Der
größte Busen ist die Zuydersee, die mit dem Harlemmer Binnen-
see durch das D zusammenhängt.
Im Mittelalter gehörten die Niederlande verschiedenen Herzogen
und Grafen des deutschen Reichs, deren Besitzungen endlich durch
Erbschaft u. Kauf sich in der Hand eines französischen Krouvasallen,
des Herzogs von Bourgogne oder Burgund vereinten. Nach Karls
des Kühnen Tod 1477 fielen die Niederlande an seinen Eidam
Mar von Oestreich, Kaiser von Deutschland. Er war Großvater
Kaiser Karls V. und Urgroßvater Filipps n. von Spanien. Unter
diesem Filipp brach, hauptsächlich der Religionsfreiheit wegen, ein
großer Aufruhr aus; die Bewohner des Nordens, Abkömmlinge alt-
deutscher Westfriefen u. Bataver, warfen die spanische Herrschaft ab.
So entstand ein Staat von sieben vereinten Provinzen, nach der
volkreichsten Provinz Republik Holland genannt, die gar bald
mächtig zur See wurde und einen Prinzen aus dem Hause Oranien
mit dem Titel Erbstatthalter an die Spitze ihrer Kriegsmacht stellte.
Die südl. Provinzen Brabant, Flandern u. s. w. mußten unter spa-
nischem Scepter bleiben, wovon sie im Anfang des 18. Jahrh, als
östreichische Niederlande oder burgundischer Kreis an
Oestreich kamen. In ihnen erhielt sich die kathol. Confession, in den
nördlichen aber die reform.; beide Länder entfremdeten sich einander.
In neuester Zeit kamen sie gemeinschaftlich unter französische
Gewalt. Als Napoleon fiel, machte man ein eignes Königreich der
Niederlande daraus und gab es Wilhelm von Oranien, der
indeß nur 15 Jahre in ungestörtem Besitz des Ganzen bliebe denn
1830 rissen sich die südl. Provinzen (mit Ausnahme Luxemburgs),
durch Frankreich unterstützt, von der Verbindung mit Holland los,
uahmen den alten Namen Belgien an und wählten den deutschen
Prinzen Leopold von Coburg zum König.
a) Das Königreich Holland nebst dem Großher-
zogthum Luxemburg. (691 illm. u. 3 Mill. Bew.) —
Im Land der Nheinmündungen sind wie im Quellenlande des
Rheins Wasserfüllc und Viehweiden, aber die Alpenwasser stießen
rascher, die Bergkräuter sind gewürziger und die Luft auf den
Höhen ist leichter und gesunder. In Holland sind die Nebel
Häufig und dick; der Boden liegt mehrentheils so tief, daß er
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Extrahierte Personennamen: Karls Oestreich Karls_V. Karls_V. Napoleon Wilhelm Leopold_von_Coburg Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Europa Niederlande Nordsee Rhein_Maas Ardennerwald Niederlande Burgund Karls Niederlande Deutschland Spanien Holland Brabant Flandern Niederlande Luxemburgs Frankreich Holland Holland Luxemburg Rheins_Wasserfüllc Holland
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
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Amerika.
vinz gemacht hatte, ging jedoch bald wieder verloren; denn da die
Staaten vom Rio de la Plata auf die Wiedcrherausgabe nachdrück-
lich drangen, und der Kaiser ihnen deshalb 1825 den Krieg erklärt
hatte, so nahm derselbe zuletzt einen so ungünstigen Ausgang, daß er,
durch einen 1828 abgeschlossenen Friedensvertrag sich gezwungen sah
die Banda Oriental für einen freien und unabhängigen Staat zu er-
klären, der jetzt den Namen der Republik Uruguay führt (siehe oben).
Zwei Jahre vorher, ehe dies geschah, starb (1826) der König Johann
V I. von Portugal und seine Krone mußte nun auf Pedro I. Kaiser
von Brasilien fallen. Allein da die Konstitution von Brasilien dem
Kaiser nicht erlaubte, die Krone eines fremden Reichs zu tragen, so
entsagte er aller Rechte auf Portugal und übertrug sie seiner Tochter.
Donna Maria da Gloria, die hierauf Königin von Portugal wurde.
Jedoch auch die Kaiserkrone Brasiliens blieb nicht lange auf seinem
Haupte; denn 1831 brach in diesem Lande eine durch allgemeine
Unzufriedenheit mit der bisherigen Regierungsweise Pcdro's .erregte
Revolution aus, und nöthigte ihn Brasilien zu verlassen, nachdem er
zu Gunsten seines noch unmündigen Sohnes dem Throne entsagt
hatte. Seit dieser Zeit ist letzterer, unter dem Namen Pedro Ii. Kai-
ser von Brasilien, indem eine Regentschaft in seinem Namen die Ver-
waltung des Staates leitet, der aber auch noch immer keiner voll-
kommenen Ruhe sich erfreuet, da die verschiedenen Partheien der Re-
publikaner und der Anhänger einer monarchischen Negierung einander
entgegen sind. Noch jetzt z. B. ist die Provinz Rio grande do Sul,
die sich für unabhängig und für eine Republik erklärt hat, nicht wie-
der zur Ordnung zurückgeführt.
Brasilien ist nicht allein eins der größten, sondern auch der an
Naturschätzen reichsten Länder der Erde. Wenig Länder giebt es, die
so viele Hülfsquellen darbieten und dazu berufen sind in der politi-
schen Welt eine glänzende Rolle zu spielen, als dieses. Auf seinem
unermeßlichen Raume, der mehr als § des Flächenraumes von ganz
Europa beträgt, könnten mehrere hunderte von Millionen Menschen
leben, während jetzt nicht viel mehr als in dem beiden Königreichen
Baiern und Sachsen zusammen wohnen. Seine Gebirge verbergen in
ihrem Schooße Schätze edler Metalle, in seinem Flüssen rollen Dia-
manten und andere Edelsteine; das Zuckerrohr wie der Weizenhalm,
der Weinstock und der Kaffeebaum, die Fruchtbäume Europens und
Indiens werden auf seinem fruchtbaren Boden zu gleicher Zeit ange-
baut; seine ungeheuren Ebenen in den nördlichen vom Maranon durch-
strömten Gegenden, mit den schönsten Triften, sind mit reichen Vieh-
heerden bedeckt, Urwälder prangen durch ihre kolossale Vegetation von
Wunderbäumen und Riesengewächsen, große Ströme verbinden das
Land mit allen Weltgegenden und Küsten, hiezu kommen ein alles
hervorbringender Boden, und ein gesundes Klima — kurz alles vereinigt
sich in diesem herrlichen Lande, das trotz der Forschungen vieler Rei-
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Extrahierte Personennamen: Johann
V_I._von_Portugal Johann Donna_Maria_da_Gloria Maria Pedro_Ii
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Banda Republik_Uruguay Brasilien Brasilien Portugal Portugal Brasiliens Brasilien Brasilien Europa Baiern Sachsen Indiens
— 176 —
erfteren, der die blühendsten und zahlreichsten Dörfer hat und bis zu einer
Höhe von 2500' geht, wird Weizen und Gerste gebaut und in noch größeren
Flächen Wein, der bei dem heißen, trocknen Sommer und in dem schwarzen
Boden ausgezeichnet gedeiht; ebenso vorzüglich gedeihen an den untersten Ab-
hängen Olive, Feige, Mandel, Orange, Baumwolle, und die Fluren sind mit
Hyacinthen, Narzissen, Crocus und unzähligen andern Blumen geschmückt.
In dem mittleren Gürtel, der bis 6000' sich erstreckt, nimmt der Wald den
größten Theil ein, besonders Eichen, Oleander und Kastanien, unter den letz-
teren prachtvolle Bäume von 180'Stammesumfang, weiter hinauf Buchen und
Birken; der Wald wird zum Holzschlag und zu Weide benutzt; an die Stelle
des Weizens tritt der Roggen, das deutsche Korn, wie man es hier nennt, aber
in dem obern Theil des Waldgürtels hört der Getreidebau aus und giebt es
auch keine Dörfer mehr. In dem nördlichsten Gürtel ist die Vegetation äußerst
arm und einförmig, keine Spur von der reichen lieblichen Flora der Alpen,
das liegt an dem Lava- und Aschenboden und an dem großen Mangel an
Quellen und Bächen. Der Aetna hat zu verschiedenen Zeiten ein verschiedenes
Aussehen: im März z. B. ist er zu drei Viertheilen, auch die Waldregion mit
Schnee bedeckt, ein riesengroßer Schneekegel, aber der Fuß mit dem schönsten
Frühlingsgrün bekleidet, wie mit einem großen Blumenkranz umgeben; im
August dagegen ist der Schnee ganz verschwunden, aber in dem angebauten
Gürtel alles Gras und Kraut vertrocknet, nur der Wald prangend in frischem
Grün. Die Spitze des Aetna bietet ein Panorama von außerordentlich
reicher Schönheit: von dem Kegel des isolirt stehenden Berges übersieht man
fast die ganze Insel, und die liparijchen Inseln, die Küste von Calabrien,
Land und Meer liegen vor Einem wie auf einer Landkarte. Auch hat der Aetna
in Folge seiner Stellung das Merkwürdige, daß er seinen eignen Riesenschatten
über eine Fläche von 20 Meilen wirft.
212 v. Chr. kam mit der Eroberung von Spracus durch Marcellus die
Insel an die Römer, 535 eroberte sie Belisar für den griechischen Kaiser, 827
rissen sie die Sarazenen an sich. (Die Griechen, die den Titel Sicilien nicht
ausgeben wollten, nannten ihren Besitz in Unteritalien „Sicilien diesseits der
Meerenge", daher der jetzt noch für Neapel gebräuchliche Name: „Königreich
beider Sicilien".) 1194 kam dies Königreich beider Sicilien, nachdem es im
11. Jahrhundert die Normannen besetzt und als päpstliches Lehen besessen
hatten, an Kaiser Heinrich Vi. Unter dessen Sohn Friedrich Ii. erlebte es
seine glänzendste Zeit. 1268 nach dem Fall des letzten Hohenstaufen kam
Sicilien an Karl von Anjou, von dem es sich aber 1282 durch die sicilianische
Vesper losriß und sich Peter Iii. von Aragonien zum Herrscher wählte. Im
16. Jahrhundert(1505) kam es dann (mitneapel) an ^Ferdinand den Katho-
lischen von] Spanien, nach dem Ende des österreichischen Erbsolgekrieges an
Oesterreich, 1738 an die Bourbonen, unter Napoleon an Joseph Bonaparte
und Murat, endlich wieder an die Bourbonen, bis 1860.
Sicilien ist von Alters berühmt durch die Schönheit seines milden, ge-
sunden Klimas, die unermüdliche Triebkraft seines Bodens, den unerschöpf-
lichen Reichthum seiner Erzeugnisse. Rom nannte Sicilien seine Kornkammer.
Aber das ist heutzutage anders. Fruchtbar zwar ist der Boden und schön das
Klima noch, aber das Land ist das ärmste jetzt von Italien. Während der
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Extrahierte Personennamen: Mandel August Marcellus Heinrich_Vi Heinrich Friedrich_Ii Friedrich Karl_von_Anjou Karl Peter_Iii Napoleon Joseph_Bonaparte